Online-Nachricht - Dienstag, 21.02.2017

Bankrecht | Kündigungsrecht einer Bausparkasse nach Zuteilungsreife (BGH)

Der BGH hat in zwei Revisionsverfahren entschieden, dass eine Bausparkasse Bausparverträge gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der bis zum geltenden Fassung (jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) kündigen kann, wenn die Verträge seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, auch wenn diese noch nicht voll bespart sind ( und XI ZR 272/16).

Sachverhalt: Im Verfahren XI ZR 185/16 schloss die Klägerin am mit der beklagten Bausparkasse einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). Der Bausparvertrag war seit dem zuteilungsreif. Am erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrages unter Berufung auf § 489 Abs. 1 BGB zum . Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Bausparvertrag nicht wirksam habe kündigen können, und begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass der Bausparvertrag nicht durch die erklärte Kündigung beendet worden ist.

Im Verfahren XI ZR 272/16 schloss die Klägerin gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann, den sie als Alleinerbin beerbt hat, mit der beklagten Bausparkasse am einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 160.000 DM (= 81.806,70 €) und am einen weiteren Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte beide Bausparverträge mit Wirkung zum , nachdem diese seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die erklärten Kündigungen unwirksam seien, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zustehe. Sie begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass die Bausparverträge nicht durch die Kündigung beendet worden sind.

Hierzu führten die Richter des BGH weiter aus:

  • Die Klagen haben keinen Erfolg.

  • Auf die Bausparverträge ist Darlehensrecht anzuwenden, denn während der Ansparphase eines Bausparvertrages ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens kommt es zu einem Rollenwechsel.

  • Der XI. Zivilsenat hat in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur entschieden, dass die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar ist.

  • Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck der Norm, wonach jeder Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang des Darlehens die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen.

  • Ebenfalls in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur hat der XI. Zivilsenat entschieden, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts vorliegen.

  • Denn mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife hat die Bausparkasse unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrages das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen.

  • Der Vertragszweck besteht für den Bausparer darin, durch die Erbringung von Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen.

  • Aufgrund dessen hat er das damit korrespondierende Zweckdarlehen mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife vollständig gewährt.

  • Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass der Bausparer verpflichtet sein kann, über den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife hinaus weitere Ansparleistungen zu erbringen, weil diese Zahlungen nicht mehr der Erfüllung des Vertragszwecks dienen.

Hinweis:

Danach sind Bausparverträge im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar. Aus diesem Grunde sind hier die von der beklagten Bausparkasse jeweils mehr als zehn Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife erklärten Kündigungen der Bausparverträge wirksam.

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom (il)

Fundstelle(n):
NWB AAAAG-38251