Online-Nachricht - Dienstag, 21.02.2017

Bankrecht | Zulässigkeit von Feststellungsklagen in Widerrufsfällen (BGH)

Der BGH hat darüber entschieden, ob eine Klage zulässig ist, mit der die Feststellung begehrt wird, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag aufgrund des Widerrufs der auf seinen Abschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers rückabzuwickeln ist ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Parteien schlossen im Juni und November 2007 im Wege des Fernabsatzes zwei - überwiegend noch valutierende - Verbraucherdarlehensverträge. Die Beklagte belehrte die Klägerin über ihr Widerrufsrecht jeweils u.a. wie folgt: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung, eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages, jeweils einschließlich der Allgemeinen Darlehensbedingungen, die Informationen, zu denen die […] [Beklagte] nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB InfoV) verpflichtet ist, zur Verfügung gestellt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages. Mit Schreiben vom widerrief die Klägerin ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Ihre Klage auf Feststellung, sie habe die Darlehensverträge „wirksam widerrufen“ und es bestünden „keine Zahlungsverpflichtungen aus diesen Darlehensverträgen“, auf Erteilung einer „löschungsfähige[n] Quittung“ für eine der Beklagten gestellte Grundschuld und auf Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hat das LG abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie zuletzt nur noch ihre Feststellungs- und Zahlungsklage weiterverfolgt hat, hat das OLG, das die Klägerin zu einer entsprechenden Änderung ihres Feststellungsbegehrens veranlasst hat, dahin erkannt, es werde festgestellt, dass aufgrund des Widerrufs die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse „umgewandelt“ worden seien.

Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Soweit die Revision das Zahlungsbegehren zum Gegenstand hatte, ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Leistungsanspruch zusteht.

  • Im Übrigen ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverweisen.

  • Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert am Vorrang der Leistungsklage. Das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, deckt sich in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die die Klägerin beziffern kann. Ihr ist deshalb eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar.

  • Zwar hat die Beklagte die Klägerin richtig über ihr Widerrufsrecht belehrt. Der Verweis auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften umschrieb hinreichend deutlich die Voraussetzungen, von denen das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig war.

  • Der Zusatz, die Frist beginne nicht „vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“, war auch im Verein mit der Einleitung „Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem …“ nicht irreführend. Er orientierte sich vielmehr am Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und war damit hinreichend bestimmt.

  • Auch im Übrigen hielt die Widerrufsbelehrung einer Überprüfung stand.

  • Mangels tragfähiger Feststellungen des OLG dazu, die Beklagte habe die nach dem Gesetz erforderlichen Informationen tatsächlich erteilt, steht indessen noch nicht fest, dass die Widerrufsfrist an- und abgelaufen und damit der im Juli 2014 erklärte Widerruf der Klägerin ins Leere gegangen ist, so dass Ansprüche der Klägerin aus einem Rückgewährschuldverhältnis nicht bestehen.

Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 20/2017 vom 21.02.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB BAAAG-38187