BGH Beschluss v. - IX ZR 128/16

Beiordnung eines Notanwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beim BGH nach erfolgter Mandatsniederlegung

Gesetze: § 78b ZPO

Instanzenzug: Az: I-18 U 68/15 Urteilvorgehend LG Wuppertal Az: 3 O 462/13 Urteil

Gründe

1Nach § 78b ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dass es sich so verhält, ist von der Partei substantiiert darzulegen (vgl. , WM 2014, 425 Rn. 9; vom - V ZR 253/13, Rn. 1 nv; vom - VI ZR 226/13, NJW 2014, 3247 Rn. 2; vom - III ZR 211/14, MDR 2015, 540 Rn. 2).

2Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom dargelegt, der zunächst beauftragte, beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt Dr. M.         habe darauf bestanden, die von ihm, dem Rechtsanwalt, gefertigte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unverändert einzureichen. Damit sei er, der Kläger, wegen erheblicher Meinungsverschiedenheiten nicht einverstanden gewesen.

3Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann keine Beiordnung eines Notanwalts verlangt werden, wenn der bei ihm zugelassene und an sich zur Vertretung bereite Rechtsanwalt nicht willens war, eine Revisionsbegründung nach den Vorstellungen oder Vorgaben der Partei zu fertigen. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (, AnwBl. 2013, 826 Rn. 4; vom - VIII ZR 239/12, NJW 2013, 1011 Rn. 4; vom - V ZR 253/13, Rn. 2 nv; vom - III ZR 81/14, Rn. 2 nv; vom - VII ZR 82/14, Rn. 3 nv; vom - IX ZR 116/14, Rn. 2).

4In einer neueren Entscheidung hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs allerdings offen gelassen, ob an der zitierten Rechtsprechung (kritisch dazu Baumert, MDR 2014, 1181, 1185 ff; Vollkommer, MDR 2014, 569 f; Stempfle, AnwBl. 2014, 301 ff; vgl. aber auch Nassall, AnwBl. 2014, 498 f) ohne jede Einschränkung festzuhalten sei (, NJW 2016, 81 Rn. 5). Auch nach Ansicht dieses Senats ist die Mandatsniederlegung jedoch dann von der Partei zu vertreten, wenn diese auf der Aufnahme von Ausführungen in die Rechtsmittelbegründungsschrift besteht, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts offenkundig ohne Bedeutung sind. Einem Rechtsanwalt kann nicht zugemutet werden, evident unerhebliche Ausführungen in seine Rechtsmittelbegründung aufnehmen zu müssen. Wäre er bereits beigeordnet worden, könnte er in einem solchen Fall gemäß § 48 Abs. 2 BRAO seine Entpflichtung verlangen (vgl. hierzu auch BFH, BFH/NV 2016, 938 Rn. 10).

5Diese sehr engen Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger will, soweit verständlich, wegen eines Klageverfahrens gegen einen gerichtlichen Sachverständigen eine Aussetzung des hiesigen Verfahrens, in welchem ein Rechtsanwalt auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll, nach § 251 ZPO erreichen. Er hat den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. M.        , der bereits eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gefertigt und ihm, dem Kläger, übermittelt hatte, mit Schreiben vom angewiesen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Diesem Schreiben zufolge sollte der Aussetzungsantrag mit Art. 20 GG und dem Grundrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren begründet werden. So sollte eine Aufarbeitung sämtlichen Unrechts erreicht werden, welches dem Kläger im Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand zugefügt worden sein soll. Die Voraussetzungen des § 251 ZPO liegen jedoch schon deshalb nicht vor, weil ein gleichlautender Antrag der Gegenseite fehlt. Ein auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens bezogener wichtiger Grund, welcher die Aussetzung als zweckmäßig erscheinen lässt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das Angebot des zunächst beauftragten Rechtsanwalts, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unverändert, also ohne den aussichtslosen Aussetzungsantrag einzureichen, hat der Kläger abgelehnt.

Kayser                              Lohmann                                 Pape

                  Möhring                               Schoppmeyer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:131016BIXZR128.16.0

Fundstelle(n):
DAAAF-85110