Online-Nachricht - Donnerstag, 18.08.2016

Arbeitsrecht | Diskriminierung wegen Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren (BAG)

Das BAG hat zum Entschädigungsanspruch eines abgelehnten schwerbehinderten Bewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG entschieden ().

Hintergrund: Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, § 15 Abs. 1 und 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Sachverhalt: Die beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“ des von ihr unterhaltenen Komplexes „Palmengarten“ aus.

In der Stellenausschreibung heißt es u.a.: „Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …“.

Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger, der ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“ ist, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.

Der Kläger hat von der beklagten Stadt die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die beklagte Stadt habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Sie sei ihrer Verpflichtung nach § 82 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Bereits dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Die beklagte Stadt hat sich darauf berufen, sie habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

  • Die beklagte Stadt hat dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde.

  • Sie ist von ihrer Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit.

  • Auf Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung hat sie nicht davon ausgehen dürfen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-80189