Online-Nachricht - Donnerstag, 12.02.2015

Steuerstrafrecht | Haftung für manipulierbare Kassensysteme (FG)

Der Geschäftsführer einer Firma, die Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, haftet für die Steuern, die ein Kunde hinterzogen hat ().

Hintergrund: Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO (§ 71 AO).

Sachverhalt: Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer GmbH, die Kassensysteme herstellt und vertreibt. Im November 2002 erwarb der Inhaber eines Eiscafés (A) ein Kassensystem, das neben diverser Hardware auch eine Software zur Manipulation der im Kassensystem erfassten Daten umfasste. Bei einer Außen- und Steuerfahndungsprüfung bei A wurden Manipulationen an den im Kassensystem erfassten Daten seit mindestens Dezember 2003 festgestellt, die zu einer erheblichen Minderung der tatsächlich erzielten Umsätze führten. In einem Steuerstrafverfahren räumte A die Manipulationen in vollem Umfang ein. Er gab an, der Antragsteller habe ihm das Kassensystem verkauft und ihn auch in die Benutzung der Manipulationssoftware eingewiesen. Dabei sei ihm versichert worden, die Software könne völlig risikolos eingesetzt werden. Das  LG Koblenz verurteilte A wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Das Urteil und die entsprechend geänderten Steuerfestsetzungen gegen A wurden bestands- bzw. rechtskräftig. Anschließend wurde gegen den Antragsteller ein Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet. Darüber hinaus erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid, mit dem der Antragsteller für die Steuerrückstände des A in Haftung genommen wurde. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids bestehen keine ernstlichen Zweifel.

  • Aufgrund des Geständnisses und der rechtskräftigen Verurteilung des A ist das Finanzamt zutreffend davon ausgegangen, dass A die streitbefangenen Steuern hinterzogen hat.

  • Zu dieser Steuerhinterziehung des A hat der Antragsteller objektiv und subjektiv Beihilfe geleistet und damit i.S. von § 71 AO an dessen Tat teilgenommen.

  • Er hat das mit der Manipulationssoftware verbundene Kassensystem als Geschäftsführer der GmbH an A verkauft. Dies belegt die Rechnung der GmbH, die den Antragsteller als Bearbeiter ausweist.

  • Nicht entscheidend ist, wann und durch wen die Installation und Einweisung in das Programm erfolgt sind und ob der Antragsteller selbst oder ein Dritter die Manipulationssoftware entwickelt hat.

  • Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung besteht im Streitfall vielmehr darin, dass der Antragsteller ein komplettes System an A verkauft hat, und zwar mit dem Wissen, welche Möglichkeiten dieses System bietet, und mit dem Ziel, A eine Steuerverkürzung zu ermöglichen.

  • Der Antragsteller hat A das Kassensystem ausdrücklich als völlig risikoloses Instrument zur Verkürzung von Steuern angeboten und verkauft.

  • Wenn das Finanzamt einen vorsätzlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistenden Gehilfen als Haftenden in Anspruch nimmt, ist dies regelmäßig eine ermessensgerechte Entscheidung, unabhängig von der Höhe der Haftungsschuld und/oder den finanziellen Möglichkeiten des Gehilfen.

  • Die Haftungsnorm (§ 71 AO) hat nämlich Schadenersatzcharakter und soll eine Schadensersatzpflicht in Höhe der verkürzten Beträge begründen. Der Antragsteller wird hier nicht für sein Fehlverhalten als Geschäftsführer der GmbH in Anspruch genommen, sondern für die vorsätzliche Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung.

  • Auch eine Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides wegen unbilliger Härte kommt nicht in Betracht, denn auch bei Vorliegen einer unbilligen Härte ist eine Aussetzung der Vollziehung nur möglich, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides nicht ausgeschlossen werden könnten. Dies ist hier - wie dargelegt - nicht der Fall.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v.

 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-46740