Online-Nachricht - Dienstag, 06.09.2011

Arbeitsrecht | Parkplatzsuche als Arbeitszeit? (BAG)

Ist vereinbart, dass die Arbeitszeit "an der Arbeitsstelle" beginnt und dokumentiert der Arbeitnehmer den Beginn bereits dann, wenn er den Parkplatz seines Arbeitgebers erreicht, kann eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung gerechtfertigt sein ().

Ist vereinbart, dass die Arbeitszeit "an der Arbeitsstelle" beginnt und dokumentiert der Arbeitnehmer den Beginn bereits dann, wenn er den Parkplatz seines Arbeitgebers erreicht, kann eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung gerechtfertigt sein ().

Sachverhalt: Die Klägerin war als Verwaltungsfachangestellte tätig. Sie arbeitete in Gleitzeit. Aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit konnte ihr nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Nach der einschlägigen tarifvertraglichen Regelung begann und endete ihre Arbeitszeit „an der Arbeitsstelle“. Beginn und Ende der Anwesenheitszeit waren minutengenau durch Eingabe in ein elektronisches Zeiterfassungssystem am Mitarbeiter-PC zu dokumentieren. Nachweislich an sieben Tagen dokumentierte die Klägerin insgesamt 135 Minuten vor Betreten des Gebäudes als Arbeitszeit in ihrer Zeiterfassung. Daraufhin wurde ihr wegen „Arbeitszeitbetrugs“, zumindest wegen eines entsprechenden Verdachts außerordentlich gekündigt. Ihre Kündigungsschutzklage begründete sie damit, sie habe die Auffassung vertreten, dass die Arbeitszeit bereits beim Durchfahren der Parkplatzeinfahrt beginne. Es habe keine Anweisung bestanden, dass die Uhr im Eingangsbereich maßgeblich sei. Vielmehr habe sie häufig viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz verbracht, da nur wenige Parkplätze vorhanden waren.

Hierzu führten die Richter weiter aus: Das Verhalten der Klägerin rechtfertigt an sich eine außerordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die geleistete Arbeitszeit mithilfe des Arbeitsplatzrechners zu dokumentieren und macht er hierbei vorsätzlich falsche Angaben, verletzt er damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber, was einen schweren Vertrauensbruch darstellt. Angesichts der nicht unerheblichen Abweichungen zwischen den angegebenen Arbeitszeiten und dem tatsächlichen Betreten des Dienstgebäudes können die Falschangaben der Klägerin nicht fahrlässig oder aus Versehen erfolgt sein. So erklären sich die festgestellten Arbeitszeitdifferenzen von 15 bis zu 28 Minuten selbst dann nicht, wenn man mit der Klägerin das Durchfahren der Parkplatzeinfahrt zu Tagesbeginn und -ende als maßgeblich zugrunde legt. Eine Abmahnung war vorliegend nicht erforderlich, da eine Hinnahme des vorsätzlichen und systematischen Fehlverhaltens durch die Arbeitgeberin - auch für die Klägerin erkennbar - aufgrund der Schwere ihrer Pflichtverletzung unabhängig von einer Wiederholungsgefahr ausgeschlossen war.

Quelle: BAG online


 

Fundstelle(n):
NWB OAAAF-42499