Online-Nachricht - Mittwoch, 09.12.2009

Bilanzierung | Abzinsungspflicht für unverzinsliche Gesellschafterdarlehen (BFH)

Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen mit unbestimmter Laufzeit und einer zivilrechtlichen Kündigungsfrist von drei Monaten müssen mit dem abgezinsten Wert in der Bilanz ausgewiesen werden. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn sie aus handelsrechtlicher Sicht eigenkapitalersetzenden Charakter haben (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter in den Streitjahren (1999 bis 2001 und 2003) zunächst H war. Seit März 2003 war H nur noch zu 81,34 % an der Klägerin beteiligt; die übrigen Anteile wurden nunmehr von seinen Kindern gehalten. Im Jahr 1998 hatte H der Klägerin ein Darlehen gewährt, das der Finanzierung einer von der Klägerin zu erwerbenden Beteiligung dienen sollte. Ein schriftlicher Darlehensvertrag bestand erst seit dem ; er sah eine Verzinsung des Darlehens mit 1 % vom an vor. In der Bilanz zum wurde die Darlehensverbindlichkeit mit dem Rückzahlungsbetrag von 15.817.437,51 DM passiviert; eine Verzinsung erfolgte in den Streitjahren nicht. Im Rahmen einer u.a. die Streitjahre betreffenden Betriebsprüfung äußerte der Prüfer die Ansicht, dass die Darlehensverbindlichkeit nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung zu bewerten sei. Es kam daraufhin zu Verhandlungen zwischen der Klägerin und der zuständigen OFD, in deren Verlauf die OFD vorschlug, das Darlehen als für sieben Jahre unverzinslich zu behandeln. Daraufhin wurde während einer Schlussbesprechung Einigkeit darüber erzielt, dass das Darlehen unter Annahme einer Laufzeit von sieben Jahren abzuzinsen sei.
Dazu führt der BFH weiter aus: Ob Darlehen mit unbestimmter Laufzeit der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG unterfallen, ist streitig. Es ist sachgerecht, die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG vorrangig am Gesichtspunkt der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung auszurichten. Diese hängt vorrangig davon ab, auf eine wie lange Zeit der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit einer Überlassung des Kapitals rechnen kann. Daran ist deshalb auch bei einem auf unbestimmte Zeit gewährten Darlehen die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG zu orientieren. Bei einem Gesellschafterdarlehen mindert der Aufschub der Rückzahlungspflicht die wirtschaftliche Belastung des Darlehensnehmers nicht anders als bei einem von einem Dritten gewährten Darlehen. Im Fall des Gesellschafterdarlehens kann ein Absehen von der Abzinsung nicht auf die Annahme gestützt werden, dass die Unverzinslichkeit wirtschaftlich durch erhöhte Ausschüttungen an den Gesellschafter ausgeglichen wird. Die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG auf Gesellschafterdarlehen kann auch nicht aus der Überlegung heraus unterbleiben, dass durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vorgänge generell das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht beeinflussen dürfen. Eigenkapitalersetzende Darlehen stellen aus steuerrechtlicher ebenso wie aus zivilrechtlicher Sicht für die Kapitalgesellschaft Fremdkapital dar.
Quelle: BFH online
Anmerkung der NWB-Redaktion: Damit folgt der BFH der Verwaltungsauffassung. Die bei der Kapitalgesellschaft eintretende Einkünfteerhöhung erzeugt insofern eine systemwidrige Wirkung, weil der Nutzungsvorteil gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, im wirtschaftlichen Kern also eine Einlage darstellt, die grundsätzlich einkünfteneutral sein sollte. Der BFH rechtfertigt diese Wirkung damit, dass Nutzungsvorteile nach h.A. nicht einlagefähig sind. Das Abzinsungsgebot umfasst kapitalersetzende Gesellschafterkredite. Bei Krediten mit unbestimmter Laufzeit will der BFH unabhängig davon, dass sie jederzeit kündbar sind, geschätzt wissen, ob die jeweilige Restlaufzeit am Bilanzstichtag über 12 Monate liegt, was gesetzliche Voraussetzung für die Abzinsungspflicht ist. Ob eine geringfügige Verzinsung das Abzinsungsgebot ausschließt (so die Finanzverwaltung), konnte der BFH im Streitfall offenlassen. Der Abzinsung steht eine gewinnmindernde Aufzinsung in den Folgejahren gegenüber; davon geht auch der BFH aus. Folglich kann durch die Vereinbarung, dass der Gesellschafterkredit künftig zu verzinsen ist, eine steuerliche Gewinnminderung durch vollständige Aufzinsung erreicht werden, dies allerdings nicht rückwirkend; außerdem kann die Einführung einer Verzinsung „zur Unzeit’“ eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen, wenn die Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf unverzinsliche Kreditgewährung hat. Dieselbe gewinnmindernde Wirkung erzeugt ferner die Rückzahlung des Kredits mit unbestimmter Laufzeit.
 


 

Fundstelle(n):
NWB RAAAF-13798