Online-Nachricht - Montag, 02.06.2014

Umsatzsteuer | Abmahngebühren - steuerbares Entgelt oder Schadensersatz? (FG)

Zahlungen, die als Aufwendungsersatz aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern gezahlt werden, stellen kein umsatzsteuerbares Entgelt dar (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Es liegt kein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor, wenn eine Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Streitig war hier, ob Zahlungen, die als Aufwendungsersatz aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern gezahlt werden, Entgelt oder nicht steuerbaren Schadensersatz darstellen?
Sachverhalt: Die Klägerin mahnte mehrfach Wettbewerber wegen fehlerhafter Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) ab. Sie beauftragte hiermit einen Rechtsanwalt. Dieser forderte die Wettbewerber im Namen der Klägerin auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben sowie die durch seine Einschaltung entstandenen Kosten zu erstatten. Die gegenüber den abgemahnten Wettbewerbern geltend gemachten Aufwendungen wurden nach den Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ermittelt; Umsatzsteuer war in den geltend gemachten Aufwendungen nicht enthalten. Die abgemahnten Wettbewerber zahlten den geltend gemachten Aufwendungsersatz auf ein Konto des Rechtsanwalts. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe durch die Abmahnung ihrer Wettbewerber jeweils eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an diese erbracht.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Klägerin hat durch die Erteilung der Abmahnungen an ihre Wettbewerber keine umsatzsteuerbaren Leistungen an diese erbracht. Es fehlt an der Zuwendung eines verbrauchsfähigen Vorteils. Die Zahlungen sind vielmehr umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen zu qualifizieren.

  • Ein steuerbarer Umsatz setzt voraus, dass der Leistungsempfänger einen Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Den Abmahnungsempfängern wird durch die Abmahnungen tatsächlich kein Vorteil zugewandt, vielmehr ist das Gegenteil Ziel der Abmahnungen.

  • Die Rechtsprechung des BFH zu sog. Abmahnvereinen (s. NWB WAAAA-71907) kann nicht auf die Abmahnungen von am Markt tätigen Unternehmern übertragen werden. Das am Markt tätige Unternehmen ist durch das wettbewerbswidrige Verhalten seines Wettbewerbers selbst und unmittelbar geschädigt. Wenn es nunmehr Aufwendungen zur Beseitigung dieser erlittenen Schädigung tätigt, kann hierin nicht eine umsatzsteuerbare Leistung an den Schädiger erblickt werden.

Anmerkung: Aufgrund der erheblichen Zahl der ausgesprochenen Abmahnungen war es nach Ansicht des Finanzgerichts im Streitfall zwar nicht ausgeschlossen, dass die Abmahnungen überwiegend der Erzielung von Einnahmen dienten und somit rechtsmissbräuchlich waren (§ 8 Abs. 4 UWG). Diese Frage sei für die umsatzsteuerliche Beurteilung indes ohne Bedeutung. Denn auch wenn die Klägerin infolge der Rechtsmissbräuchlichkeit tatsächlich über keinen Aufwandsersatzanspruch gegen die Abmahnungsempfänger verfüge und diese somit ohne Rechtsgrund geleistet hätten, würde dies den Schadensersatzcharakter der Zahlungen nicht beseitigen.
Quelle: FG Münster online
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht. Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des Finanzgerichts. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
NWB NAAAF-11452