Online-Nachricht - Mittwoch, 29.05.2013

Verfahrensrecht | Anspruch des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Kontoauszugs (BFH)

Ein Insolvenzverwalter, der im Besteuerungsverfahren vom Finanzamt einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner verlangt, hat lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Abgabenordnung enthält keine Regelung, nach der im steuerlichen Verwaltungsverfahren ein Anspruch auf Akteneinsicht oder auf Auskunft in Form eines Kontoauszugs, aus dem sich Fälligkeit und Tilgung von Abgabenforderungen ergeben, besteht.
Sachverhalt: Der Kläger (Insolvenzverwalter) beantragte beim Finanzamt die Erteilung eines Kontoauszugs für den Schuldner, um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherstellen zu können. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab. Zur Begründung wies es u.a. darauf hin, dass sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, auf deren Mitteilung der Schuldner ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsanspruch gehabt hätte. Der Insolvenzverwalter müsse mögliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen selbst ermitteln. Er habe grds. keinen Anspruch auf Erteilung von Übersichten oder Aktenauszügen, aus denen der Zufluss von Zahlungen an das Finanzamt ersichtlich sei.
Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Während eines Verwaltungsverfahrens steht dem um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Finanzamts zu. Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG i.V. mit dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.

  • Wird über das Vermögen eines Steuerpflichtigen das Insolvenzverfahren eröffnet, steht dem Insolvenzverwalter, das Recht zu, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Entsprechendes gilt, wenn der Insolvenzverwalter einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner begehrt.

  • Voraussetzung für die Auskunftserteilung ist jedoch, dass der Insolvenzverwalter ein berechtigtes Interesse darlegt und dass keine Gründe gegen die Auskunftserteilung sprechen.

  • Das Finanzamt wird danach die begehrte Auskunft erteilen müssen, wenn der Insolvenzverwalter substantiiert darlegt, dass die Auskunft zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners oder zur Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen erforderlich ist.  

Anmerkung: Im Streitfall fehlte es nach Ansicht des BFH aber an einem berechtigten Interesse des Insolvenzverwalters. Es reiche insbesondere nicht aus, wenn der Insolvenzverwalter die Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantrage. Zwar müsse der Insolvenzverwalter auch prüfen, ob er die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Gemeinschuldner an das Finanzamt geleisteten Zahlungen anfechten und im Interesse der Insolvenzgläubiger zurückfordern kann. Zu diesem Zweck müsse ihm das Finanzamt aber keine Auskunft erteilen.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Im Streitfall kam auch ein Anspruch auf Informationserteilung aus einem Landesgesetz (Informationszugangsgesetz) nicht in Betracht, weil ein solches nicht existierte (s. hierzu auch NWB Nachricht v. 10.12.2012).
 

Fundstelle(n):
NWB QAAAF-09741