BGH Beschluss v. - 3 StR 239/15

Gesamtstrafenbildung bei Betäubungsmitteldelikten: Strafzumessung bei mehreren Straftaten mit stark divergierendem Strafrahmen

Gesetze: § 27 StGB, § 46 StGB, § 52 StGB, § 29a Abs 1 BtMG, § 29a Abs 2 BtMG, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 6031 Js 8707/14 - 20 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat; im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die auf die erhobene Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Auch die im Fall Ziffer 15 der Anklageschrift verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erweist sich als rechtsfehlerfrei.

32. Der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall Ziffer 9 der Anklageschrift kann hingegen keinen Bestand haben. Die Strafkammer ist angesichts der geringfügigen Überschreitung des Grenzwertes zur nicht geringen Menge und der weiteren bestimmenden Strafzumessungsgründe vom Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG ausgegangen und hat die Strafe - von ebenfalls einem Jahr und sechs Monaten - aus diesem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren zugemessen. Im Fall Ziffer 15 der Anklageschrift hat sie hingegen - ohne Rechtsfehler - einen minder schweren Fall verneint und der konkreten Strafzumessung den Rahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (Freiheitsstrafe von einem bis fünfzehn Jahren) zu Grunde gelegt. In beiden Fällen hat sie - was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, prägen doch Art und Menge des Rauschgifts regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich (st. Rspr.; vgl. etwa , NStZ-RR 2011, 284) - ausschlaggebend auf die Menge des Heroins abgestellt, die der Angeklagte im Auftrag des ehemaligen Mitangeklagten A.    besaß und auslieferte.

4Dann aber ist nicht nachvollziehbar, warum das Landgericht bei im Wesentlichen gleichen Strafzumessungsgesichtspunkten im Übrigen und mit Blick auf die stark divergierenden Strafrahmen in beiden Fällen jeweils auf die gleiche Einzelfreiheitsstrafe erkannt hat. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer ohne diesen Wertungsfehler zu einer geringeren Einzelfreiheitsstrafe im Fall Ziffer 9 der Anklageschrift gelangt wäre. Der Angeklagte ist dadurch auch mit Blick auf die maßvolle Gesamtfreiheitsstrafe beschwert, weil im Falle einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung diese aufgelöst und die rechtsfehlerhaft zugemessene Einzelfreiheitsstrafe in eine neue Gesamtstrafe eingestellt werden müsste.

53. Die Aufhebung der Einzelfreiheitsstrafe im Fall Ziffer 9 der Anklageschrift bedingt auch die Aufhebung der - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Gesamtfreiheitsstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind hingegen von dem Wertungsfehler insgesamt nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben.

Becker                            Hubert                           Mayer

                  Gericke                          Spaniol

Fundstelle(n):
XAAAF-02504