BGH Urteil v. - VIII ZR 92/06

Leitsatz

[1] a) Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache im Sinne des § 444 Alt. 2 BGB durch den Verkäufer ist - ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB - zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) gemeint.

Die Übernahme einer Garantie setzt daher - wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft - voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen.

b) Die Frage, ob Angaben des Verkäufers zur Laufleistung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten sind, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage zu beantworten.

Beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen.

Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Alleine die Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens rechtfertigen diese Annahme nicht.

c) Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Gesetze: BGB § 437 Nr. 2 Alt. 1; BGB § 326 Abs. 5 Ed; BGB § 323; BGB § 346 Abs. 1; BGB § 348; BGB § 444 Alt. 2; BGB § 276 Abs. 1 Satz 1 A; BGB § 434 Abs. 1 Satz 1; BGB § 434 Abs. 1 Satz 2

Instanzenzug: LG Osnabrück 12 O 3741/04 vom OLG Oldenburg 4 U 114/05 vom

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Motorrad. Der Beklagte bot das Fahrzeug im Oktober 2003 im Rahmen einer sog. Internet-Auktion von eBay an. In dem Verkaufsformular gab er unter der Rubrik "Beschreibung" an: "Kilometerstand (km): 30.000 km" und erklärte: "Krad wird natürlich ohne Gewähr verkauft [...]". Der Kläger erwarb das Motorrad zum Preis von 5.900 Euro.

Das Tachometer des Fahrzeugs weist - was auf dem Foto des Motorrads im Verkaufsformular nicht erkennbar war - die Geschwindigkeit sowohl in "mph" (Meilen pro Stunde) als auch in "km/h" (Kilometer pro Stunde) aus. Die Wegstrecke zeigt das Tachometer ohne Angabe der Maßeinheit an. Sie betrug bei der Besichtigung durch den vom Landgericht beauftragten Sachverständigen 30.431,1; dabei handelte es sich nach dem unangegriffen gebliebenen Gutachten um Meilen, die umgerechnet 48.965,25 Kilometern entsprechen.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - die Rückzahlung des Kaufpreises von 5.900 Euro sowie den Ersatz von Anwaltskosten von 363,42 Euro, ferner Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.900 Euro seit dem und aus 363,42 Euro seit dem , Zug um Zug gegen Übergabe des Motorrades. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme des Motorrades seit dem in Verzug befindet.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Gründe

Die Revision des Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Soweit die Revision des Beklagten Erfolg hat, ist über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.). Soweit die Revision des Beklagten keinen Erfolg hat, ist das Rechtsmittel ungeachtet der Säumnis des Klägers durch kontradiktorisches Urteil zurückzuweisen (vgl. , NJW 1967, 2162).

I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens stünden dem Kläger ein Rücktrittsrecht und Schadensersatz zu.

Der Kläger habe das Motorrad gemäß der Beschreibung des Beklagten mit einem "Kilometerstand (km): 30.000 km" erworben. Das vom Beklagten gelieferte Motorrad entspreche nicht dieser vereinbarten Beschaffenheit, weil es tatsächlich einen Kilometerstand von über 48.000 km habe. Das Motorrad sei daher mit einem Sachmangel behaftet und der Kläger zur Geltendmachung von Rücktritt und Schadensersatz berechtigt.

Der Beklagte habe in seinem verbindlichen Angebot zwar jegliche Gewährleistung ausgeschlossen. Auf den dementsprechend vereinbarten Gewährleistungsausschluss könne er sich jedoch gemäß § 444 BGB nicht berufen, weil er für eine Laufleistung von 30.000 km bzw. den Kilometerstand von 30.000 die Garantie übernommen habe. Der Bieter bei einer eBay-Versteigerung müsse sich darauf verlassen können, dass wertbildende Faktoren der Kaufsache - wie der Kilometerstand eines Gebrauchtfahrzeugs - der eindeutigen Angebotsbeschreibung entsprächen. Der das Internet nutzende Käufer sei in höherem Maße auf die Angebotsbeschreibungen des Verkäufers angewiesen als derjenige, der die Sache vor dem Kauf besichtigen könne. Jedenfalls beim Verkauf hochwertiger Waren und bei eindeutiger Beschreibung der preisbildenden Faktoren sei grundsätzlich anzunehmen, dass der Verkäufer für diese Angaben garantieren wolle.

Die Aufwendungen für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes habe der Kläger durch Vorlage der Kostennote hinreichend nachgewiesen. Mit der Rücknahme des Motorrades befinde der Beklagte sich in Verzug.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Der Kläger kann von dem Beklagten zwar die Rückzahlung des Kaufpreises von 5.900 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrades beanspruchen (1). Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger auch die Erstattung der Anwaltskosten von 363,42 Euro verlangen kann (2). Der Zinsanspruch ist erst ab dem begründet (3). Mit der Rücknahme des Motorrads befindet der Beklagte sich gleichfalls erst seit dem in Verzug (4).

1. Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 346 Abs. 1, § 348 BGB in Verbindung mit § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises von 5.900 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrades beanspruchen.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien im Rahmen einer sog. Internet-Auktion von eBay einen Kaufvertrag über das Motorrad geschlossen haben (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 1 und 2 a), auf den nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EGBGB deutsches Recht anzuwenden ist. Der Kaufvertrag weist die engsten Verbindungen zum deutschen Recht auf, weil der Beklagte, der mit der Lieferung des Motorrades die für den Kaufvertrag charakteristische Leistung zu erbringen hatte, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem in Österreich wohnhaften Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.

b) Der Kläger war nach § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten, weil das Motorrad mangelhaft ist. Die Abweichung zwischen der vereinbarten Laufleistung von 30.000 km und der tatsächlichen Laufleistung von mehr als 48.000 km stellt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, einen Sachmangel dar (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), der nicht unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB).

Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht zweifelhaft, dass die Parteien eine Laufleistung des Motorrads und nicht etwa einen Stand des Tachometers von 30.000 km vereinbart haben. Der Beklagte hat in der Beschreibung des Motorrads einen "Kilometerstand (km): 30.000 km" angegeben. Eine solche Kilometerangabe ist, anders als die Revision meint, aus der maßgeblichen Sicht eines Kaufinteressenten nicht als Wiedergabe des Tachometerstands, sondern als Angabe der Laufleistung zu verstehen. Dem Kaufwilligen kommt es, wie allgemein bekannt ist, nicht auf den Tachometerstand, sondern auf die Laufleistung an. Er kann und darf daher davon ausgehen, dass eine ohne Einschränkung oder deutlichen gegenteiligen Hinweis gemachte Kilometerangabe sich auf die für ihn entscheidende Laufleistung des Fahrzeugs bezieht (Senat, Urteil vom - VIII ZR 244/73, WM 1975, 895, unter III 1; OLG Naumburg, MDR 1997, 1026; OLG Köln, OLGR Köln 1991, 19).

Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsurteil insoweit nicht deshalb widersprüchlich, als darin einmal von einem Kilometerstand von 30.000 und ein andermal von einer Laufleistung von 30.000 km die Rede ist. Auch mit dem Wort "Kilometerstand" hat das Berufungsgericht offensichtlich nicht den Tachometerstand, sondern die Laufleistung gemeint. Denn es hat den Sachmangel nicht etwa darin gesehen, dass das Tachometer Meilen statt Kilometer anzeigt, sondern alleine darin, dass das Motorrad eine Laufleistung von über 48.000 km statt 30.000 km hat.

c) Die weitere Voraussetzung des Rücktritts nach § 437 Nr. 2, § 326 Abs. 5 BGB, dass der Verkäufer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, ist erfüllt, weil es sich bei der Abweichung zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Laufleistung um einen unbehebbaren Mangel handelt. Die Nachlieferung eines anderen, gleichwertigen Motorrads scheidet zwar nicht schon deshalb aus, weil es sich um einen Stückkauf handelt. Jedoch ist beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs die Lieferung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs nur ausnahmsweise möglich (Senat, Urteil vom - VIII ZR 209/05, WM 2006, 1960, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, unter II 2 a). Dass diese Möglichkeit im Streitfall besteht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Beklagte sich nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann.

aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich dies allerdings nicht daraus, dass der Beklagte für die Laufleistung von 30.000 km eine Garantie übernommen hätte und sich deshalb nach § 444 Alt. 2 BGB nicht auf eine Vereinbarung berufen könnte, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden. Denn der Beklagte hat, anders als das Berufungsgericht meint, keine Garantie dafür übernommen, dass das Motorrad eine Laufleistung von 30.000 km hat.

Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache im Sinne des § 444 Alt. 2 BGB durch den Verkäufer ist - ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB - zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) gemeint (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 132, 240; Dauner-Lieb/Thiessen, ZIP 2002, 108, 112 ff.; Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 13 Rdnr. 164 ff.; Looschelders in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 395, 405 ff.; Triebel/Hölzle, BB 2002, 521, 530 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 1327; Stöber, DAR 2004, 570; vgl. auch Senat, Urteil vom - VIII ZR 130/04, DAR 2006, 143). Die Übernahme einer Garantie setzt daher - wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft (Senat, Urteil vom - VIII ZR 114/90, WM 1991, 1224, unter II 2 a aa, m.w.Nachw.) - voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen. Diese Einstandspflicht erstreckt sich bei der Garantieübernahme - ebenso wie ehemals bei der Eigenschaftszusicherung (Senat, Urteil vom - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II; Urteil vom - VIII ZR 109/95, WM 1996, 1592, unter II 1 b) - auf die Verpflichtung zum Schadensersatz, wobei Schadensersatz selbst dann zu leisten ist, wenn den Verkäufer hinsichtlich des Fehlens der garantierten Beschaffenheit kein Verschulden trifft (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder dem Käufer der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mit Rücksicht auf diese weitreichenden Folgen ist insbesondere bei der Annahme einer - grundsätzlich möglichen - stillschweigenden Übernahme einer solchen Einstandspflicht Zurückhaltung geboten (BGHZ 128, 111, 114; 132, 55, 57 f.; Senat, Urteil vom - VIII ZR 328/94, WM 1996, 452, unter II 2 a, jeweils m.w.Nachw., zur Eigenschaftszusicherung nach früherem Recht).

Ob der Verkäufer danach eine Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache übernommen hat, ist zwar eine Frage der tatrichterlichen Vertragsauslegung (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 233/88, WM 1989, 1894, unter II 1 a; BGHZ 128, 111, 114; jeweils m.w.Nachw.), die revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften überprüfbar ist (BGHZ 135, 269, 273; 131, 136, 138; jeweils m.w.Nachw.). Eine solche Überprüfung ergibt jedoch, dass das Berufungsgericht gegen den Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGHZ 152, 153, 156; BGHZ 131, 136, 138) verstoßen hat.

Die Frage, ob die Angabe der Laufleistung lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB) zu werten ist, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenslage zu beantworten (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 244/73, WM 1975, 895, unter III 2). Dabei ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob der Verkäufer ein Gebrauchtwagenhändler oder eine Privatperson ist.

Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Gebrauchtwagenhändler, so ist die Interessenlage typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass der Käufer sich auf die besondere, ihm in aller Regel fehlende Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt. Er darf daher darauf vertrauen, dass der Händler für Erklärungen zur Beschaffenheit des Fahrzeuges, die er in Kenntnis dieses Umstandes abgibt, die Richtigkeitsgewähr übernimmt. Der Senat hat deshalb zum alten, bis zum geltenden Kaufrecht in ständiger Rechtsprechung entschieden, der Kaufinteressent könne und dürfe den Angaben des Gebrauchtwagenhändlers über die Laufleistung des Fahrzeugs besonderes Vertrauen entgegenbringen und davon ausgehen, der Händler wolle sich für die Kilometerangabe "stark machen", mithin zusichern - in heutiger Terminologie: garantieren -, dass die bisherige Laufleistung nicht wesentlich höher liege als die angegebene (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 244/73, WM 1975, 895, unter III 2 und 3; Urteil vom - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II; Urteil vom - VIII ZR 327/82, WM 1984, 534, unter II 1; Urteil vom - VIII ZR 72/80, WM 1981, 380, unter II 1 b aa). Wolle der Händler für die von ihm angegebene Laufleistung nicht einstehen, müsse er dies gegenüber dem Käufer hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen, indem er etwa darauf hinweise, dass er die Laufleistung nicht überprüft habe (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II).

Ob an dieser Beurteilung, die nicht ohne Kritik geblieben ist (vgl. Reinking/Eggert, aaO, Rdnr. 1352 ff.), auch nach der Verbesserung der Rechtsstellung des privaten Gebrauchtwagenkäufers durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz uneingeschränkt festzuhalten ist oder ob an das Vorliegen einer Beschaffenheitsgarantie im Gebrauchtwagenhandel nunmehr strengere Anforderungen zu stellen sind (so etwa Stöber DAR 2004, 570, 572 f.; Reinking/Eggert, aaO, Rdnr. 1329), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn diese für den gewerblichen Gebrauchtwagenhandel entwickelten Grundsätze lassen sich jedenfalls nicht auf den - hier zu beurteilenden - privaten Direktverkauf übertragen.

Auf den privaten Verkauf trifft die für den gewerblichen Verkauf maßgebliche Erwägung, dass der Käufer sich auf die besondere Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt und in dessen Erklärungen daher die Übernahme einer Garantie sieht, in der Regel nicht zu. Hier steht vielmehr dem Interesse des Käufers gleichgewichtig das Interesse des Verkäufers gegenüber, für nicht mehr als dasjenige einstehen zu müssen, was er nach seiner laienhaften Kenntnis zu beurteilen vermag (Senat, Urteil vom - VIII ZR 114/90, WM 1991, 1224, unter II 2 a cc). Der Käufer kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Verkäufer als Laie nachprüfen kann, ob der Tachometerstand die Laufleistung des Fahrzeugs zutreffend wiedergibt. Alleine aus der Angabe der Laufleistung kann der Käufer beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs daher nicht schließen, der Verkäufer wolle für die Richtigkeit dieser Angabe unter allen Umständen einstehen und gegebenenfalls auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften. Von der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie darf der Käufer unter diesen Umständen deshalb grundsätzlich auch dann nicht ausgehen, wenn der Verkäufer nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er für die angegebene Laufleistung nicht einstehen will (KG, NJW-RR 2005, 60, 61; zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vgl. KG, KGR Berlin 2001, 10, 11; OLG Nürnberg, NJW-RR 1997, 1212, 1213; a.A.: OLG Braunschweig, OLGR Braunschweig 1997, 27, 29; KG, NJW-RR 1996, 173, 174). Soweit der Senat in einem obiter dictum seines Urteils vom (VIII ZR 327/82, WM 1984, 534, unter II 1 a) ausgesprochen hat, dass (auch) der private Verkäufer mit der Angabe der Laufleistung regelmäßig eine Zusicherung des Inhalts abgebe, die Laufleistung liege nicht wesentlich höher als die angegebene, wird daran nicht festgehalten.

Will der Käufer beim privaten Gebrauchtwagenkauf eine Garantie für die Laufleistung des Fahrzeugs haben, muss er sich diese regelmäßig ausdrücklich von dem Verkäufer geben lassen. Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. So kann es sich etwa verhalten, wenn der Verkäufer bei den vorvertraglichen Verhandlungen auf ausdrückliche Nachfrage erklärt, die Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs stimme mit dem Tachometerstand überein (OLG Koblenz, NJW 2004, 1670, 1671), oder wenn der Verkäufer sich als Erstbesitzer bezeichnet, denn auf die Kilometerangabe eines Verkäufers, der sein Fahrzeug vom "Tachostand Null" an kennt, darf der Käufer in aller Regel vertrauen (Reinking/Eggert, aaO, Rdnr. 1358; OLG Köln, NJW 1999, 2601, 2602). Im Streitfall liegen aber keine derartigen Umstände vor. Insbesondere rechtfertigen die Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht die Annahme, der Verkäufer wolle jedenfalls für die eindeutige Beschreibung der preisbildenden Faktoren hochwertiger Waren - wie für den Kilometerstand eines Gebrauchtfahrzeugs - garantieren.

Allerdings ist der das Internet nutzende Käufer, der wegen der häufig großen Entfernung zum Verkäufer allenfalls ein in das Internet eingestelltes Foto oder auch Video der Kaufsache sehen kann, in höherem Maße auf die Angebotsbeschreibung des Verkäufers angewiesen als der Käufer, der die Kaufsache vor Vertragsabschluss besichtigen und untersuchen kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Besonderheit des Kaufs über das Internet. Der Käufer muss sich auch sonst bei einem Kaufvertrag, den er ohne vorherige Inaugenscheinnahme der Kaufsache schließt, häufig auf die Angaben des Verkäufers verlassen. So verhält es sich etwa bei Kaufverträgen, die unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (vgl. § 312b Abs. 2 BGB), wie beispielsweise Katalogen, zustande kommen. Auf die Angaben des Verkäufers verlassen muss der Käufer sich ferner dann, wenn er selbst nicht über die notwendige Sachkunde verfügt, um deren Richtigkeit überprüfen zu können. So ist ein privater Kaufinteressent regelmäßig auch bei einer Besichtigung oder Probefahrt nicht in der Lage festzustellen, ob die Laufleistung dem Tachometerstand des angebotenen Fahrzeugs entspricht. Alleine die - häufig - fehlende Möglichkeit oder Fähigkeit, die Angaben des Verkäufers vor Abschluss des Kaufvertrages zu überprüfen, berechtigen den Käufer nicht zu der Annahme, der Verkäufer wolle, auch ohne dies ausdrücklich erklärt zu haben, für fehlerhafte Angaben unter allen Umständen einstehen und damit gegebenenfalls auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften.

bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der von den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss erstreckt sich nicht auf die vereinbarte Laufleistung.

Auch die Auslegung des vertraglichen Gewährleistungsausschlusses durch das Berufungsgericht unterliegt, selbst wenn es sich bei der Vereinbarung "Krad wird natürlich ohne Gewähr verkauft [...]" um eine Individualvereinbarung handelt, in der Revisionsinstanz jedenfalls einer (eingeschränkten) Nachprüfung daraufhin, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (Senat, Urteil vom - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895, unter II 2 a; , WM 2005, 339, unter B II 2 a bb (2) m.w.Nachw.). Das ist hier der Fall.

Die Frage, ob ein vereinbarter Haftungsausschluss in uneingeschränktem Sinne aufzufassen ist, ist nicht nur nach dem Wortlaut der Ausschlussbestimmung, sondern nach dem gesamten Vertragstext zu beurteilen (vgl. , WM 1966, 1183, unter III). Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang übersehen, dass die Parteien in ihrem Kaufvertrag nicht nur die Gewährleistung für das Motorrad ausgeschlossen, sondern zugleich eine bestimmte Soll-Beschaffenheit des Fahrzeugs, nämlich eine Laufleistung von 30.000 km, vereinbart haben.

Beide Regelungen stehen, zumindest aus der Sicht des Käufers, gleichrangig nebeneinander und können deshalb nicht in dem Sinne verstanden werden, dass der umfassende Gewährleistungsausschluss die Unverbindlichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung zur Folge haben soll (a.A. Emmert, NJW 2006, 1765, 1768). Denn bei einem solchen Verständnis wäre letztere für den Käufer - außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 440 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Ob durch ausdrückliche Vereinbarung auch die Haftung des Verkäufers für die vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil die Parteien eine dahin gehende Abrede nicht getroffen haben.

2. Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger die Erstattung der Kosten von 363,42 Euro für die Einschaltung eines Rechtsanwalts beanspruchen kann.

a) Als Verzugsschaden (§ 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann der Kläger die Anwaltskosten nicht ersetzt verlangen. Mit der Kostennote über 363,42 Euro sind bis zum erbrachte Leistungen des Rechtsanwalts in Rechnung gestellt. Diese Kosten waren bereits entstanden, bevor der Beklagte mit seiner aus § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, §§ 323, 346 Abs. 1, § 348 BGB folgenden Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises in Verzug geriet.

Der Beklagte ist, wie die Revision zu Recht rügt, nicht bereits durch das Einschreiben des klägerischen Rechtsanwalts vom in Verzug gesetzt worden. Denn dieses Schreiben ist dem Beklagten nicht zugegangen, weil er die beim Postamt niedergelegte Sendung nicht abgeholt hat; da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte die Annahme grundlos verweigert oder den Zugang arglistig vereitelt hätte, muss er sich auch nicht so behandeln lassen, als ob ihm das Schreiben zugegangen wäre (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 22/97, WM 1998, 459, unter II m.w.Nachw.). Der Beklagte ist daher, wie die Revision zutreffend geltend macht, erst durch das ihm am zugestellte Schreiben des klägerischen Rechtsanwalts vom in Verzug gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die geltend gemachten Anwaltskosten bereits entstanden.

b) Ob der Kläger die Anwaltskosten nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB als Schadensersatz "neben der Leistung" ersetzt verlangen kann, kann nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht abschließend beurteilt werden. Eine Schadensersatzpflicht besteht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, wenn der Beklagte die in der Lieferung des mangelhaften Motorrads liegende "Pflichtverletzung" (s. dazu S. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2500; Palandt/Hein-richs, BGB, 65. Aufl., § 280 Rdnr. 13) nicht zu vertreten hat. Das ist nach § 276 Abs. 1 BGB dann der Fall, wenn der Beklagte im Zeitpunkt der Lieferung des Motorrads keine Kenntnis davon hatte, dass die Laufleistung des Motorrads mehr als 30.000 km betrug, und seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht. Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.

3. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von Zinsen auf 5.900 Euro seit dem und auf weitere 363,42 Euro seit dem verurteilt hat.

Da der Beklagte - wie unter Ziffer 2 a ausgeführt wurde - erst durch das ihm am zugestellte Anwaltsschreiben vom in Verzug gesetzt wurde, hat er nach §§ 286, 288 Abs. 1 BGB erst ab dem Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basissatz aus dem zurückzuzahlenden Kaufpreis und - gegebenenfalls - aus den zu ersetzenden Anwaltskosten zu zahlen.

Einen weitergehenden Zinsanspruch aus dem zurückzuerstattenden Kaufpreis von 5.900 Euro kann der Kläger auch nicht aus den Bestimmungen über den Rücktritt herleiten. Das reformierte Rücktrittsrecht enthält keine § 347 Satz 3 BGB a.F. entsprechende Verzinsungsvorschrift, nach der eine Geldsumme im Falle des Rücktritts von der Zeit des Empfangs an zu verzinsen wäre (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearbeitung 2004, § 346 Rdnr. 218). Dass der Beklagte aus dem Kaufpreis entsprechende Nutzungen gezogen hat (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB) oder entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht gezogen hat, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre (§ 347 Abs. 1 Satz 1 BGB), hat der Kläger nicht vorgetragen.

4. Schließlich ist auch der Feststellungsausspruch der Vorinstanzen - entsprechend den Ausführungen zu Ziffer 2 a - dahin richtig zu stellen, dass der Beklagte sich erst seit dem - und nicht bereits seit dem - mit der Rücknahme des Motorrads in Verzug befindet.

III.

Das Berufungsurteil hat nach alledem insoweit Bestand, als das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt hat, an den Kläger den Kaufpreis von 5.900 Euro zurückzuzahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des Motorrades nebst drei Schlüsseln und Fahrzeugbrief. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen. Im Übrigen ist das Berufungsurteil aufzuheben. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger Zinsen für die Zeit ab dem zuerkannt und soweit es festgestellt hat, dass der Beklagte vor dem mit der Rücknahme des Motorrades in Verzug geraten ist, ist die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen. Soweit das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt hat, an den Kläger Anwaltskosten von 363,42 Euro nebst Zinsen zu zahlen, bedarf es noch weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts, so dass die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.

Fundstelle(n):
BB 2007 S. 573 Nr. 11
DNotZ 2007 S. 524 Nr. 7
NJW 2007 S. 1346 Nr. 19
WM 2007 S. 616 Nr. 13
ZIP 2007 S. 583 Nr. 12
NAAAC-38908

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja