BGH Beschluss v. - VII ZB 116/05

Leitsatz

[1] Die auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG nicht anrechenbare Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 dieser Anlage für ein Mahnschreiben zählt nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG festgesetzt werden.

Gesetze: ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: AG Pasewalk 3 C 483/04 vom LG Neubrandenburg 4 T 148/05 vom

Gründe

I.

Die Kläger verlangten von dem Beklagten zunächst Schadensersatz in Höhe von 2.898,21 € wegen mangelhaft erbrachter Bauleistungen. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten erster Instanz vom haben sie den Beklagten zur Zahlung dieses Betrags zuzüglich Rechtsanwaltskosten unter Fristsetzung zum aufgefordert und nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist Klage erhoben. Nach Klageerweiterung ist gegen den Beklagten ein Teilversäumnisurteil hinsichtlich des genannten Schadensersatzbetrages ergangen. Nach Rücknahme der Klageerweiterung hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits zu 90 % dem Beklagten und zu 10 % den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

Die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht hat im Rahmen der Kostenfestsetzung die von den Klägern beanspruchte, ihrem Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf das Anwaltsschreiben vom sowie auf Verhandlungen hinsichtlich von Kostenvoranschlägen erwachsene Geschäftsgebühr, soweit sie nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen war, nicht berücksichtigt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Kläger weiterhin die Festsetzung von 90 % der nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnenden Geschäftsgebühr.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die geltend gemachten Kosten könnten mangels konkreter Prozessbezogenheit nicht als notwendige Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO festgesetzt werden, da sie für eine außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts zu einem Zeitpunkt angefallen seien, als die Notwendigkeit einer gerichtlichen Geltendmachung noch nicht festgestanden habe.

2. Diese Auffassung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Bei dem Anwaltsschreiben vom handelt es sich um ein Mahnschreiben. Die Aufwendungen für ein solches Mahnschreiben gehören nicht zu den Kosten, die der Vorbereitung eines konkreten bevorstehenden Rechtsstreits dienen und die deshalb den Prozesskosten zugerechnet und im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rdn. 7; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rdn. 8; Zöller/Herget, 25. Aufl., § 91 Rdn. 13, Stichwort "Mahnschreiben").

Ein Mahnschreiben, insbesondere wenn darin eine Frist zur Erfüllung der Forderung gesetzt wird, dient neben der materiell-rechtlichen Zielsetzung, etwa zur Begründung des Verzugs, in erster Linie der außergerichtlichen Erledigung, da der Schuldner zur Erfüllung der Forderung angehalten werden soll. Auch das damit möglicherweise weiter verfolgte Ziel, es dem Schuldner zu verwehren, den später gerichtlich geltend gemachten Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anzuerkennen, hat keine den Prozess unmittelbar vorbereitende Funktion. Für ein Mahnschreiben gelten insoweit entsprechende Überlegungen wie sie der Bundesgerichtshof bereits für die Kosten einer Abmahnung angestellt hat (, Rpfleger 2006, 165 = JurBüro 2006, 140).

b) Auch soweit die Geschäftsgebühr von den Klägern auf nicht näher konkretisierte anwaltliche Tätigkeit hinsichtlich der Einholung von Kostenvoranschlägen gestützt wird, gilt nichts anderes. Auch hierdurch entstandene Kosten gehören nicht zu den einen Rechtsstreit unmittelbar vorbereitenden Prozesskosten im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 2560 Nr. 35
EAAAC-03124

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja