BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 461/03

Leitsatz

1. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz im Eilverfahren.

2. Zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse für das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten.

Gesetze: GG Art. 8; GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1

Instanzenzug: Hessischer VGH 6 UZ 1208/02 vom VG Frankfurt am Main 5 E 1925/01(2) vom

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Verbot einer Versammlung. Ihr wesentlicher Gegenstand ist das von den Verwaltungsgerichten verneinte Rechtsschutzinteresse für die von dem Beschwerdeführer erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage.

I.

1. Im Februar 2001 meldete die Klägerin zu 1 des Ausgangsverfahrens bei der beklagten Stadt für Sonnabend, den , eine Kundgebung mit Aufzug an, die unter dem Thema "Herren im eigenen Land statt Knechte der Fremden" stehen sollte. Versammlungsleiterin sollte die Klägerin zu 1 sein. Als Redner war unter anderem der Beschwerdeführer, der Kläger zu 2 im Ausgangsverfahren, vorgesehen, der auch als Helfer fungieren und die Aufgabe eines "stellvertretenden Versammlungsleiters" wahrnehmen sollte.

2. Die Beklagte verbot die Demonstration unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit der Begründung, die Voraussetzungen für ein Versammlungsverbot gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (im Folgenden: VersG) seien gegeben. Insbesondere die Thematik der Demonstration und die Kenntnis bisheriger Verläufe der von der Klägerin zu 1 angemeldeten Veranstaltungen sowie die Person des Beschwerdeführers, der früher strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, ließen eine Störung der öffentlichen Ordnung durch eine aggressive Ausländerfeindlichkeit befürchten, die geeignet sei, Teile der ansässigen Bevölkerung einzuschüchtern.

3. Die Klägerin zu 1 und der Beschwerdeführer erhoben gegen die Verbotsverfügung Widerspruch und beantragten beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Dem wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts unter Auflagen entsprochen. Die Auflagen betrafen den örtlichen Verlauf des Aufzugs, das Mitführen von Fahnen und Trommeln, das Skandieren von Parolen, das Tragen gleichartiger Kleidungsstücke, das Verbot von Äußerungen mit aggressiver Ausländerfeindlichkeit und solcher, die gegen einschlägige Strafbestimmungen verstoßen.

Auf die Beschwerde der Beklagten änderte der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Das Motto der Veranstaltung verstoße gegen den Straftatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Wahl dieses Mottos und das Beharren auf ihm seien deutliche Anhaltspunkte dafür, dass bei Durchführung der Versammlung auch entsprechende Inhalte verbreitet würden, die zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führten.

4. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 32 BVerfGG die aufschiebende Wirkung nach Maßgabe des Tenors des Beschlusses des Verwaltungsgerichts wieder her (NJW 2001, S. 2072). Das Verbot der Versammlung lasse sich nicht auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stützen. Der Verbotsverfügung sei nicht zu entnehmen, inwieweit die Klägerin zu 1 und der Beschwerdeführer für Vorfälle bei früheren von ihnen durchgeführten Veranstaltungen verantwortlich gewesen seien. Aus dem Motto der Kundgebung lasse sich ein Verstoß gegen Strafbestimmungen nicht begründen. Auch der Rückgriff auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG scheide als Rechtsgrundlage der Verbotsverfügung aus. Der Maßstab zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die darauf zielten, den Inhalt von Meinungsäußerungen zu beschränken, ergebe sich aus dem Grundrecht der Meinungsfreiheit, nicht aus dem der Versammlungsfreiheit. Eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung rechtfertige im Allgemeinen ein Versammlungsverbot nicht.

Die Versammlung fand zum vorgesehenen Zeitpunkt statt.

5. Die Klägerin zu 1 und der Beschwerdeführer erhoben Fortsetzungsfeststellungsklage, die das Verwaltungsgericht abwies. Die Klage sei unzulässig, weil ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse nicht vorliege. Dies könne nur gegeben sein, wenn eine hinreichend bestimmte Gefahr bestehe, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiges Versammlungsverbot ergehe. Bei Ungewissheit, ob künftig solche tatsächlichen Verhältnisse entstehen könnten, bestehe kein Feststellungsinteresse. Bei dem Vorbringen der Kläger, auch künftig weiterhin Demonstrationen unter dem damaligen Motto anmelden zu wollen, handele es sich um eine schlichte Behauptung. Aber auch wenn dies anzunehmen sei, liege keine Wiederholungsgefahr vor. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Stadt auf jeden Fall eine angemeldete Versammlung in Zukunft verbieten werde. Auch sei nicht davon auszugehen, dass die Stadt die im Eilverfahren ergangene gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts missachten werde. Ferner sei nicht zu erwarten, dass eine mögliche Verbotsverfügung auf Erwägungen gestützt werde, die das Verwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht für nicht rechtens erachtet hätten.

Im Übrigen könnten die Kläger keine nennenswerte Verbesserung ihrer Position durch eine inhaltlich gleiche Entscheidung im Hauptsacheverfahren erreichen. Ferner könnten sie einen erneuten Verstoß gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit effektiver durch vorläufigen Rechtsschutz abwehren als durch ein Hauptsacheverfahren. Schließlich bestehe ein Rechtsschutzinteresse auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung. Es sei auf Grund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu keinem Grundrechtseingriff gekommen, der der Rehabilitierung bedürfe.

6. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung seien im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur zu bejahen, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher sei als der Misserfolg. Der Beschwerdeführer habe die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in erster Linie damit begründet, dass das Verwaltungsgericht eine Wiederholungsgefahr, die nach Auffassung des Beschwerdeführers evident sei, zu Unrecht abgelehnt habe. Das Vorbringen setze sich aber nicht ausreichend mit den drei selbständig tragenden Gründen auseinander, auf die das Verwaltungsgericht die Verneinung der Wiederholungsgefahr gestützt habe. Insofern habe der Beschwerdeführer sich nicht mit den beiden Argumenten auseinander gesetzt, er könne durch eine inhaltlich gleiche Entscheidung im Hauptsacheverfahren keine Verbesserung seiner Position erreichen und bei einem erneuten Versammlungsverbot sei Eilrechtsschutz effektiver.

Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen zu Recht ein Rehabilitationsinteresse verneint. Eine hinreichende Rehabilitierung sei erfolgt. Das Versammlungsverbot sei im Eilverfahren außer Vollzug gesetzt worden, so dass die Versammlung habe stattfinden können. Ferner hätten das Verwaltungsgericht sowie das Bundesverfassungsgericht der von der Person des Beschwerdeführers abgeleiteten Gefahr für die öffentliche Sicherheit widersprochen. Ein Feststellungsinteresse folge auch nicht daraus, dass entsprechende Verbotsverfügungen sich typischerweise kurzfristig erledigten, so dass die Möglichkeit des Rechtsschutzes schon aus der institutionellen Garantie in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG herzuleiten sei. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 1999, S. 991) diesen Aspekt anerkenne, habe es sich auf eine Versammlung bezogen, die nicht habe stattfinden können. Damit sei diese Entscheidung nicht ohne weiteres auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar.

II.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung von Art. 8 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Versammlung habe zwar stattfinden, aber umständehalber keine vollständige sein können. Sie sei infolge des rechtswidrigen Verbots nur in eingeschränkter Form durchgeführt worden. Die Versammlung sei frühzeitig angemeldet worden. Gleichwohl sei der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs erst am 6. April, also einen Tag vor der geplanten Versammlung, erlassen worden. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei ungefähr zwei Stunden vor dem angesetzten Termin eingegangen. Deshalb hätten lediglich ungefähr 60 Personen an der Versammlung teilgenommen. Es bestehe die Gefahr des Erlasses vergleichbarer Verbotsverfügungen. Ein Rechtsschutzinteresse für das Fortsetzungsfeststellungsverfahren sei daher zu bejahen. In einem ähnlich gelagerten Verfahren habe die im Ausgangsverfahren beklagte Stadt erneut eine Verbotsverfügung gegen ihn erlassen. Dies zeige, dass die Versammlungsbehörde Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts missachte. Es sei auch nicht so, dass das hier in Rede stehende Verbot der Versammlung allein wegen des Versammlungsmottos ergangen sei. Maßgeblich sei für die Behörde auch der Auftritt des Beschwerdeführers als Mitveranstalter gewesen.

III.

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Hessische Landesregierung, das Bundesverwaltungsgericht und die Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

1. Die Hessische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Der Beschwerdeführer habe die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs nicht in der gebotenen Weise gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG begründet. Ferner sei er aus Gründen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde mit einem Teil seiner Einwendungen ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung nur eines von drei selbständig tragenden Argumenten für die Verneinung der Wiederholungsgefahr angegriffen. Im Übrigen sei das Fortbestehen eines Feststellungsinteresses zu verneinen. Insbesondere liege kein tief greifender Grundrechtseingriff vor. Das Bundesverfassungsgericht habe in dem Eilbeschluss in dieser Sache den Beschwerdeführer rehabilitiert.

2. Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf seine Rechtsprechung, nach der anerkannt sei, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeit der Feststellung nicht nur in Fällen in Betracht komme, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestünden. Vielmehr könne es auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählten namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hätten. Bei einem Versammlungsverbot gemäß § 15 Abs. 1 VersG handele es sich nur um das letzte, äußerste Mittel zur Abwehr der von der Veranstaltung ausgehenden Gefahren. Die §§ 14, 15 VersG bildeten ein in sich geschlossenes und abschließendes Regelungswerk, mit dem sichergestellt werde, dass die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs notwendigen Maßnahmen getroffen werden könnten.

3. Nach Auffassung der Beklagten des Ausgangsverfahrens ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Verbotsverfügung sei zu Recht ergangen. Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur rechtlichen Bewertung des Mottos der Versammlung vermöge die Stadt sich nicht anzuschließen. Die geringe Zahl der Versammlungsteilnehmer könne entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht auf das Verhalten der Behörde zurückgeführt werden. An einer am im Gebiet der beklagten Stadt durchgeführten Demonstration hätten sich gerade acht Teilnehmer des rechtsradikalen Spektrums eingefunden. Die Gerichte hätten zudem zutreffend das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr verneint. Die Stadt differenziere durchaus nach den unterschiedlich gelagerten Umständen des Einzelfalls.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Ihr steht der Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer hat insbesondere auch hinsichtlich seines Antrags auf Zulassung der Berufung das ihm Zumutbare getan. Er hat - bezogen auf die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch seinen Vortrag zum Rechtsschutzinteresse schlüssig aufgezeigt.

Die an die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung zu stellenden Anforderungen dürfen nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, DVBl 2001, S. 894 <895>; NVwZ 2004, S. 90). Hinreichende Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung sind insbesondere schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ 2000, S. 1163 <1164>). Sie sind nicht erst gegeben, wenn - so aber der Verwaltungsgerichtshof - bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg.

Daher war es ausreichend, dass der Beschwerdeführer im Zulassungsverfahren der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils entgegengetreten ist, ein Feststellungsinteresse ergebe sich nicht aus dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr. Dazu hat er unter Hinweis auf einen ebenfalls ihn betreffenden Vergleichsfall die Möglichkeit eines entsprechenden erneuten Versammlungsverbots dargetan und damit zugleich aufgezeigt, dass sich die Versammlungsbehörde nicht an die in den durchgeführten Eilverfahren von dem Verwaltungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Maßstäbe halten werde.

Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ist dem Beschwerdeführer auch insoweit nicht entgegenzuhalten, als der Verwaltungsgerichtshof die zusätzlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts als weitere tragende Begründungen der Verneinung der Wiederholungsgefahr angesehen hat; darauf hätte sich die Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ebenfalls beziehen müssen. Ein Nutzen des Hauptsacheverfahrens gegenüber einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren liegt bereits in der abschließenden und nicht nur vorläufigen Prüfung der Rechtmäßigkeit eines behördlichen Vorgehens, dessen Wiederholung zu befürchten ist. Diesen Nutzen hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Darlegungen zum Rehabilitierungsinteresse aufgezeigt. Ferner hat er durch die Ausführungen zu der aus seiner Sicht fehlenden Gleichwertigkeit von Hauptsache- und Eilverfahren zum Ausdruck gebracht, dass auch mit künftigen Entscheidungen im Eilverfahren seinem Interesse an einer die Behörde bindenden Entscheidung nicht genügt ist.

Auch musste der Beschwerdeführer der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entgegentreten, er könne seine rechtlichen Interessen auch künftig hinreichend effektiv durch Eilrechtsschutz verfolgen. Denn dieser Hinweis des Gerichts setzt die Annahme einer Wiederholungsgefahr gerade voraus. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern die Möglichkeit der Wiederholung eines behördlichen Verbots davon beeinflusst wird, ob der Beschwerdeführer sich dagegen auch im Eilverfahren wehren kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm als tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts behandelte Möglichkeit des Eilrechtsschutzes ausdrücklich als Grund für die Verneinung der Wiederholungsgefahr bezeichnet und in dem Berufungszulassungsantrag eine Auseinandersetzung damit vermisst. Insofern hat der Verwaltungsgerichtshof vom Beschwerdeführer verlangt, einer aus sich heraus nicht nachvollziehbaren Begründung entgegenzutreten. Das Fehlen der Rüge dieses Aspekts im Zulassungsverfahren bewirkt daher nicht, dass der Grundsatz der Subsidiarität der verfassungsrechtlichen Prüfung des behaupteten Grundrechtsverstoßes entgegensteht.

C.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.

I.

1. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

a) Diese Norm enthält ein Grundrecht auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 107, 395 <401 ff.>). Die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gewährleistet. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>).

Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

b) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern grundsätzlich auch bei Rechtsverletzungen, die in der Vergangenheit erfolgt sind, allerdings unter dem Vorbehalt eines darauf bezogenen Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, wenn die Fachgerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 104, 220 <232 f.>).

Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet darüber hinaus, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 96, 27 <40>; 104, 220 <233 f.>; stRspr). Solche Eingriffe können auch durch Beeinträchtigungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit bewirkt werden, gegen die Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren in dem dafür verfügbaren Zeitraum typischerweise nicht erreichbar ist.

2. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz in einem Eilverfahren.

a) Durch ein Eilverfahren wird das Rechtsschutzinteresse nur vorläufig und anders als im Hauptsacheverfahren erfüllt. Unterschiede bestehen in verfahrensrechtlicher und in materiellrechtlicher Hinsicht.

Das verwaltungsgerichtliche Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist ein Beschlussverfahren, für das besondere Verfahrensregeln gelten. So wirken ehrenamtliche Richter an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nur mit, wenn die nach § 101 Abs. 3 VwGO freigestellte mündliche Verhandlung anberaumt wird (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes richten sich nach § 146 Abs. 4 VwGO; im Grundsatz prüft das Oberverwaltungsgericht nach Satz 6 nur die dargelegten Gründe. Auch reicht der Rechtsweg niemals bis zum Bundesverwaltungsgericht.

In materiellrechtlicher Hinsicht sind im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners gegeneinander abzuwägen. Überschaubare Erfolgsaussichten der Hauptsache sind allerdings einzubeziehen (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., 2003, Rn. 158 zu § 80; Schoch, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand September 2003, Rn. 252 ff. zu § 80, jeweils m.w.N.), so dass auch Fragen der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung aufgeworfen und abhängig von der Tatsachengrundlage und der zur Verfügung stehenden Zeit überprüft werden. Das besondere Vollzugsinteresse, das in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO eigenständig zu begründen ist, wird jedenfalls dann nicht anerkannt, wenn der Vollzug nur unter Verstoß gegen die Rechtsordnung möglich wäre. Die Intensität der Überprüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache hängt auch davon ab, ob die Folgen der Vollzugsanordnung später rückgängig gemacht werden können.

b) Da die Folgen von Anordnungen, die die Durchführung einer Versammlung beschränken, regelmäßig nicht reversibel sind, muss das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren hier zum Teil Schutzfunktionen übernehmen, die sonst das Hauptsacheverfahren erfüllt (vgl. BVerfGE 69, 315 <341, 363 f.>). Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass oder einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum bezogen sind, haben deshalb die Verwaltungsgerichte im Interesse des effektiven Schutzes der Versammlungsfreiheit schon im Eilverfahren durch eine im Rahmen des Möglichen hinreichend intensive Prüfung der Rechtmäßigkeit der im Streit befindlichen behördlichen Maßnahme sowie des Sofortvollzugs dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Letzterer in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Weise führt. Kann eine solche Prüfung infolge einer verzögernden Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht stattfinden, kann schon dies allein zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs führen (vgl. BVerfGE 69, 315 <364>). Eilrechtsschutz ist auch dann zu gewähren, wenn die für das Versammlungsverbot maßgebliche Gefahrenprognose auf Umstände gestützt worden ist, deren Berücksichtigung dem Schutzgehalt des Art. 8 GG offensichtlich widerspricht, oder wenn das für eine Begrenzung der Versammlungsfreiheit herangezogene Schutzgut und die angewandten Normen die Einschränkung offensichtlich nicht tragen (vgl. zum verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2000, S. 3053 <3054>; 2001, S. 2069 <2070>). Soweit eine derartige, wenn auch eingeschränkte, Rechtmäßigkeitsprüfung die Eilentscheidung nicht trägt, kommt es ausschließlich auf eine Interessenabwägung an (vgl. BVerfGE 69, 315 <363 f.>). In der Sache aber bleibt es im Grundsatz stets, also auch bei der Prüfung der Rechtmäßigkeitserfordernisse, bei einer nur vorläufigen Überprüfung der behördlichen Entscheidung, die ohne umfassende Sachaufklärung von Amts wegen und ohne abschließende Rechtsprüfung erfolgt. Der Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren kann deshalb durch das Eilverfahren grundsätzlich nicht überflüssig werden.

c) Die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der versammlungsrechtlichen Maßnahmen in einem Hauptsacheverfahren ist auch für die Gewährung von Rechtsschutz im Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht von Bedeutung. Auch bei Streitigkeiten um die Rechtmäßigkeit eines Versammlungsverbots ist der Beschwerdeführer nach dem Grundsatz der Subsidiarität (vgl. Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG, § 90 Abs. 2 BVerfGG) regelmäßig zunächst auf das Hauptsacheverfahren vor den Fachgerichten verwiesen. Grundsätzlich soll das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weit reichende Entscheidungen treffen müssen (vgl. BVerfGE 79, 1 <20>). Darüber hinaus ist die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten, wenn dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Gelegenheit besteht, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen (vgl. BVerfGE 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>; stRspr).

Wenn die Verwaltungsgerichte das Hauptsacheverfahren wegen des vermeintlichen Fehlens eines Rechtsschutzinteresses nicht durchführen müssten, würde einer fortbestehenden verfassungsrechtlichen Beschwer im fachgerichtlichen Verfahren nicht abgeholfen. Gleichzeitig könnte dem Beschwerdeführer der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht entgegengehalten werden, so dass das Bundesverfassungsgericht ohne Aufbereitung der Sache durch die Fachgerichte zu entscheiden hätte. Dies aber widerspräche der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Fachgerichten und Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 107, 395 <413 ff.>).

3. In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltenden Anforderungen (siehe oben C I 1 b) unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Indessen begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht allerdings dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (a), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (b) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (c).

a) Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs, etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist (vgl. auch BVerwG, NVwZ 1999, S. 991). Auch spielt es keine Rolle, ob vergleichbare Versammlungen noch in Zukunft stattfinden sollen.

Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsgerichtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben.

Konnte die verbotene Versammlung auf Grund einer im Eilrechtsschutzverfahren wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs wie geplant, wenn auch gegebenenfalls unter den Versammlungszweck nicht gefährdenden Modalitäten durchgeführt werden, besteht insofern kein Feststellungsinteresse. Es bleibt allerdings die Negativbeurteilung durch die Versammlungsbehörde, wonach mit der angemeldeten Versammlung gegen die öffentliche Sicherheit oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen werde. Mögliche belastende Wirkungen durch die Art der Begründung der Verbotsverfügung reichen für die Annahme des Feststellungsinteresses nur dann, wenn sie ein besonderes Gewicht haben (siehe unten C I 3 c).

b) Stets, also auch bei der durch einstweiligen Rechtsschutz ermöglichten Durchführung der Versammlung, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr anzunehmen. Die Feststellung der Voraussetzungen einer Wiederholungsgefahr erfolgt im Zuge der Amtsermittlung durch das Gericht (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rn. 14 zu Vorb § 40 m.w.N.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 10 zu Vorb § 40 m.w.N.). Die in diesem Zusammenhang an den Kläger zu stellenden Darlegungsanforderungen sind unter Berücksichtigung des Art. 8 GG zu konkretisieren.

Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus (aa), zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (bb). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Veranstalter nicht auf die Alternative zukünftig möglichen Eilrechtsschutzes verwiesen werden (cc).

aa) Auf Seiten des Klägers reicht es aus, wenn sein Wille erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen (vgl. BVerfGE 104, 92 <111>), darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden.

bb) Ferner sind Anhaltspunkte zu fordern, dass die betroffene Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Insofern darf vom Kläger, der regelmäßig keinen Zugang zum Willensbildungsprozess der Verwaltung hat, nicht mehr als die Darlegung verlangt werden, es gebe Anlass für die Annahme, dass beschränkende Verfügungen künftig auf die gleichen Gründe wie bei der im Streit befindlichen Versammlung gestützt werden.

Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber - wie gegenwärtig bei einzelnen versammlungsrechtlichen Streitfragen - Anhaltspunkte dafür, dass Behörden sich nicht an den in vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten werden, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn, die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der Beschränkung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen.

cc) Das auf eine Wiederholungsgefahr gegründete Rechtsschutzinteresse entfällt nicht etwa deshalb, weil der Kläger in zukünftigen Fällen erneut Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Der im Eilverfahren erreichbare Schutz entspricht nicht dem Rechtsschutz, der im Hauptsacheverfahren erlangt werden kann. Erst dieses kann Rechtssicherheit herstellen. Dies verdeutlicht schon die Begrenzung der im Eilverfahren erfolgenden Prüfung der in der behördlichen Verfügung zu erfüllenden Rechtmäßigkeitsanforderungen (siehe oben C I 2 a, b). Hinzu kommt bei einem Angewiesensein auf Eilrechtsschutz die begrenzte Vorhersehbarkeit der Ergebnisse. Es ist dem Veranstalter einer Versammlung nicht zuzumuten, den durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten Rechtsschutz stets nur vorläufig und mit Unsicherheit für die Behandlung zukünftiger Fälle erlangen zu können. Dies wäre auch dem Freiheitsrecht des Art. 8 GG abträglich und könnte sich langfristig auf die Funktionsweise der Demokratie (Art. 20 Abs. 1 GG) auswirken.

c) Auch das Rehabilitierungsinteresse kann das Rechtsschutzbedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellungsklage begründen.

In der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird ein Rehabilitierungsinteresse im Fall der Erledigung einer Maßnahme bejaht, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung erforderlich ist. Dies wird insbesondere angenommen, wenn der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigte (vgl. BVerwGE 26, 161 <168>; 61, 164 <166>; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 142 zu § 113 m.w.N.). Auch in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten sind Begründungen für beschränkende Maßnahmen vorstellbar, die diskriminierend wirken können, insbesondere Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem erwarteten kriminellen Verhalten auf Versammlungen.

II.

Bei Anwendung der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Maßstäbe sind die angegriffenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zu beanstanden.

Es kann dahinstehen, ob das Fortsetzungsfeststellungsinteresse schon wegen eines gewichtigen Eingriffs in die Versammlungsfreiheit zu bejahen ist. Jedenfalls durfte das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzinteresse nicht mit den dargelegten Gründen zum Fehlen der Wiederholungsgefahr verneinen und der Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Berufung nicht mit dem Argument verweigern, ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts seien nicht dargelegt worden.

1. In der mit der Verfassungsbeschwerde in Bezug genommenen Klageschrift sowie in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung hat der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe auch künftig die Absicht, derartige Demonstrationen durchzuführen. Dass diese Angaben glaubhaft sind und sich auf rechtsextremistische Demonstrationen beziehen, ist nicht zweifelhaft. Aus Veröffentlichungen ist im Übrigen auch gerichtsbekannt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor an der Durchführung von Versammlungen mit ähnlichem Motto als Veranstalter oder auf andere Weise aktiv beteiligt ist. Wenn er zur Wiederholungsgefahr in erster Linie dahingehend argumentiert, die Behörde werde ihre Rechtsfehler wiederholen, dann sagt der Beschwerdeführer damit zugleich, er werde dafür Anlass schaffen.

2. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hält nach wie vor an ihrer Auffassung fest. In ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren hat sie erneut ausgeführt, die Verbotsverfügung sei rechtmäßig ergangen. Sie vermöge sich der vom Bundesverfassungsgericht in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren geäußerten Auffassung zu den Anforderungen an die Deutung eines Versammlungsmottos und zur Verneinung der Strafbarkeit des konkret genutzten Versammlungsmottos und damit zu dem Verstoß der Versammlung gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht anzuschließen. Es ist daher nicht ohne weiteres zu erwarten, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens in vergleichbaren Fällen die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen wird.

III.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Es hätte bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 8 GG ergebenden Vorgaben an die Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs, dessen Begründung sich auf die fehlerhaften Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts stützt, beruht ebenfalls auf diesem Fehler. Dies gilt auch insoweit, als der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die weiteren vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründungen als nicht ausreichend beanstandet hat. Es hätte für die Zulassung der Berufung reichen müssen, dass der Beschwerdeführer die für sich tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Wiederholungsgefahr mit schlüssigen Argumenten angegriffen und zugleich sein Interesse an einer endgültigen Entscheidung mit Rücksicht auf weitere geplante Versammlungen verdeutlicht hat. Dadurch waren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begründet. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, das Ausreichen der Möglichkeit des Eilrechtsschutzes sei ein selbständig tragender Grund für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewesen, konnte die Nichtzulassung der Berufung nicht rechtfertigen. Das Rechtsschutzinteresse entfällt allein wegen dieser Möglichkeit nicht (siehe oben C I 3), so dass ihr Bestehen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht ausräumt.

Da die angegriffenen Entscheidungen auf diesen Fehlern beruhen, sind sie gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Auslagenentscheidung folgt aus § 34 a Abs. 2 BVerfGG.

Fundstelle(n):
BayVBl. 2005 S. 463 Nr. 15
NAAAB-86001