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infoCenter (Stand: Mai 2023)

Vorratsvermögen (HGB, EStG, IAS/IFRS)

Clemens Willeke
Aktuelles

Aufgrund von Stockungen in den Lieferketten sowie Preisanstiegen von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen resp. in den Produktions- und Handelsstufen haben viele Unternehmen deutlich höhere Vorratsbestände als vor der Ukraine-Krise. Der Bewertung des Vorratsvermögens ist daher ein besonderes Augenmerk zu widmen hinsichtlich etwaiger Abwertungsbedarfe.

Die Vorratsposition ist bei Industrie- und Handelsunternehmen aufgrund der Wesentlichkeit potenziell Gegenstand von Bilanzmanipulationen. Vgl. hierzu Rinker, Bilanzfälschung im HGB-Jahresabschluss anhand von Praxisbeispielen, StuB 8/2019 S. 297.

Ab dem VZ 2016 wurde der steuerliche Herstellungskostenbegriff neu und erstmals gesetzlich geregelt durch § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom (BGBl I S. 1679). Dort heißt es im Gesetzeswortlaut: „Bei der Berechnung der Herstellungskosten brauchen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 3 Handelsgesetzbuch nicht einbezogen zu werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das Wahlrecht ist bei der Gewinnermittlung nach § 5 in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben.“ Damit fällt die handelsrechtliche und steuerliche Bewertung der Herstellungskosten seither nicht mehr auseinander, die steuerliche Regelung zum Einbezug der sog. nicht produktionsbezogenen Herstellungskosten ist hierbei als Aktivierungswahlrecht ausgestaltet worden. Der Umfang der Herstellungskosten ist allerdings nach § 5 EStG in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben. Dies bedeutet, dass ein Ansatz der handelsrechtlichen Obergrenze diesen gleichermaßen in der Steuerbilanz bedingt. Möchte der Steuerpflichtige weiterhin die steuerlichen Herstellungskosten zur Wertuntergrenze ansetzen, setzt dies eine gleichförmige Bilanzierung in der Handelsbilanz voraus.

1. Definition

Eine gesetzliche Definition des Vorratsvermögens fehlt. Aus dem Bilanzschema des § 266 Abs. 2 HGB ist abzuleiten, das unter Vorräten als Teil des Umlaufvermögens entsprechend dem Ablauf in einem mehrstufigen Produktionsbetrieb insbesondere

  1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

  2. unfertige Erzeugnisse und Leistungen

  3. fertige Erzeugnisse und Waren

  4. geleistete Anzahlungen

zu verstehen sind.

Gemeinsam ist diesen Vermögensgegenständen, dass sie im Unterschied zum Anlagevermögen (mehrmaliger oder ständiger Einsatz im Betrieb) zur Veräußerung, Verarbeitung oder zum Verbrauch bestimmt sind (z. B.: Ausführung eines einmaligen Auftrags). Besonderheiten ergeben sich wegen der regelmäßig nur kurzfristigen betrieblichen Zugehörigkeit und der Vielfalt und Menge insbesondere bei der bestandsmäßigen Erfassung und der Bewertung.

2. Arten des Vorratsvermögens

Rohstoffe bilden den Hauptbestandteil des herzustellenden Erzeugnisses. Sie sind entweder noch gänzlich unbearbeitet (z. B. Wolle, Erze, Öle) oder bereits bearbeitet (z. B. Rohstahl, Bleche, Tuche) oder gehen als fertige Teile in das Endprodukt ein (z. B. Batterien, Elektronikteile). Darüber hinaus sind Vorprodukte und Fremdbauteile hierunter zu subsumieren.

Hilfsstoffe sind solche Gegenstände, die als Nebensachen feste Bestandteile des herzustellenden Erzeugnisses werden (z. B. Schrauben, Nägel, Lacke).

Betriebsstoffe sind Vermögensgegenstände, die den Herstellungsprozess unterstützen (z. B. Schmiermittel für Maschinen, Reinigungsmaterialien). Sie gehen mittelbar oder unmittelbar als Verbrauchsgüter in den Prozess ein, ohne Bestandteil des herzustellenden Erzeugnisses zu werden.

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